Verkehrsplanung gegen Bürgerinteressen


Von unserem Mitglied Uwe Sander:


Erschienen in "Neue Alsterbrücker 24. Jhrgang Ausgabe Juli/August 2021 Seite 7.


Der kleine familiengeführte Supermarkt im unteren Teil des Heegbargs nahe der „Löwenschlucht“ ist bei vielen Anwohnern sehr beliebt. Darüber hinaus wird er auch von Kunden frequentiert, die weiter entfernt wohnen. Die morgens oder abends mit dem Auto unterwegs sind und hier für ein paar Besorgungen Halt machen. Das Fahrrad kommt natürlich ebenfalls zum Einsatz. Am Geschäft befindet sich daher seit jeher ein Ständer, der Platz für fünf Fahrräder bietet (Bild 1)


Gleich dem Gebäudekomplex gibt es zudem noch drei Fahrradbügel. Sie sind problemlos beidseitig zu nutzen, sodass hier sechs weitere Fahrräder angeschlossen werden können (Bild 2).

 


Bild 1: Fahrradständer für 5 Räder

Mehr als elf Fahradfahrer hat noch nie jemand in dem Geschäft angetroffen. Doch die Alltagsrealität des Bürgers zählt manchmal nicht viel, wenn es um moralisch aufgeladene Politikziele geht. Und so ließen unsere Verkehrsplaner vor dem Supermarkt kürzlich sechs weitere Fahrradbügel anbringen (Bild 3).


Zweck der Übung war offenbar die Vernichtung von Autoparkplätzen. Dafür spricht die Tatsache, dass die Fahrradbügel absurd weit auseinander stehen. Auf diese Weise werden gleich drei Parkplätze abgeschafft. Wie deutlich zu erkennen ist, hätte die Fläche locker für die doppelte Zahl

Bild 3: 6 neue Fahrradbügel

von Fahradbügeln ausgereicht (Bild 4).

Der Auslastunggrad der neuen Fahradstellplätze tendiert allerdings gegen Null. Selbst an warmen Frühlingstagen sind sämtliche Plätze verwaist. Man sieht jedoch des öfteren Autofahrer, die das Tempo verlangsamen und nach einem freien Parkplatz Ausschau halten – leider vergeblich


Keine Missverständnisse: Der Verfasser dieser Zeilen erledigt alle Wege im Stadtteil vorzugsweise mit dem Fahrrad, selbst im Winter. Auch sieht er mancherorts durchaus gute Gründe, die Parkplatzzahl zu reduzieren. Etwa in kleinen Seitenstraßen, die von geizigen AEZ-Besuchern zum Ärger von Müllabfuhr und Feuerwehr zugeparkt werden, obwohl genug gebührenpflichtiger Platz am AEZ frei ist.

Bild 4: weite Abstände zwischen den Bügeln

Doch in diesem Fall triumphiert Ideologie über Pragmatismus. Verkehrspolitisch wird die Maßnahme nichts bewirken. Doch sie macht der ebenso freundlichen wie fleißigen türkisch-stämmigen Familie, die den Laden betreibt, das Leben schwer. Sie raubt ihr einen Teil des bisherigen Umsatzpotenzials.


Uwe Sander